Friedensglocke von Nagasaki

Am 9. August 1945 warf ein amerikanischer Bomber aus grosser Höhe eine Plutonium-Atombombe auf das Stadtviertel Urakami in Nagasaki ab. Drei Tage vorher fiel die erste Atombombe auf Hiroshima und verwandelte die japanische Grossstadt sekundenschnell in einen Ort des Grauens und des Todes. Die Bomben waren das letzte schreckliche Kapitel des Zweiten Weltkrieges. Sie zwangen den japanischen Kaiser, kurze Zeit darauf zu kapitulieren.

Die Friedensglocke von Nagasaki (Peace Bell) ist Teil des Dunant Museum.

30'000 Menschen wurden in Nagasaki getötet, über 100'000 wurden verletzt und Tausende starben – den radioaktiven Strahlen ausgesetzt – noch Jahre später an der Atomkrankheit. Ziel der militärischen Aktion waren die Munitionsfabrik und die Matsuyamawerke. Doch der Wind trug die Bombe hin zur nahegelegenen Kathedrale über der sich die Explosion ereignete. Die grosse Kirche wurde weitgehend zerstört. Durch die Zündung der Bombe entstand eine Hitze von unvorstellbaren 9'000 Grad, so dass die 1925 in Frankreich gegossenen Glocken zum Teil schon geschmolzen von den 50 Meter hohen Türmen fielen. Einzig die kleinere Angelusglocke wurde Tage später praktisch unversehrt zwischen den verkohlten Trümmern gefunden. Für die Bewohner der schwergeprüften Stadt Nagasaki wurde sie zum Symbol des Friedens. Sie erklang nach Jahren zum ersten Mal wieder an Weihnachten 1945, denn seit Beginn des Krieges mit China war das Läuten der Kirchenglocken untersagt gewesen. Nun läutete die Vesperglocke wieder am Morgen, Mittag und Abend und wird seither als «Friedensglocke» verehrt. Um den Friedensgedanken in die Welt hinauszutragen, haben sich einflussreiche Personen der Stadt Nagasaki, des Medizinischen Zentrums und der Universität zusammengefunden und einige etwas kleinere Kopien der Angelusglocke giessen lassen. Diese Glocken werden seit 1988 jenen Städten zum Geschenk gemacht, welche sich für die Friedensförderung einsetzen. Leningrad, Schenyang in China und Honolulu auf Hawaii erhielten bis heute eine «Peace Bell». Beschenkt wurde auch die Grossstadt Hiroshima, die am 6. August 1945 durch die erste Atombombe weitgehend zerstört worden war und 260'000 Tote sowie 163'000 Verwundete und Vermisste zu beklagen hatte.

Seit 1904 bestehen zwischen Heiden und dem japanischen Roten Kreuz gute Beziehungen. Die ehemalige Posthalterin des nahegelegenen Dorfes Wolfhalden, Catharina Sturzenegger, war damals als erste Rotkreuz-Delegierte von Henry Dunant persönlich von Heiden aus nach Japan entsandt worden, um im russisch-japanischen Krieg die Einhaltung der Genfer Konvention zu überwachen. Dieser Pioniertat der tapferen Appenzellerin, und sicher auch die Tatsache, dass Henry Dunant 1901 den ersten Friedensnobelpreis erhalten hat, ist es zu verdanken, dass Heiden ausgewählt wurde und von Nagasaki im Hinblick auf Dunants 100. Todestag nun ebenfalls mit einer Friedensglocke geehrt wird – eine grosse Auszeichnung für Heiden und das Henry-Dunant-Museum!

Die Glocke steht vor dem Dunant-Museum und wird bei besonderen Gelegenheiten geläutet.

Text: Hans Ammann

 

In der Installation vor dem Dunant Museum Heiden, gestaltet von der St. Galler Künstlerin Lucie Schenker, schwebt ein aussergewöhnliches Objekt: die Peace Bell von Nagasaki. Es ist eine von weltweit 5 Kopien jener Angelus-Glocke, die den Atomabwurf vom 9. August 1945 auf die japanische Stadt fast schadlos überstanden hatte. Die prachtvolle Glocke, ein Geschenk aus Nagasaki, traf im März 2010 in Heiden ein. Seither wird jedes Jahr am 9. August mit dem Läuten der Friedensglocke im Rahmen einer öffentlichen Feier mit prominenten Gästen der Katastrophe von Nagasaki gedacht.